JazzFest.Wien 2010
Paul Zauners Blue Brass
Reigen 20.30 Uhr
Kartenbestellungen: kulturverein@reigen.at
Paul Zauners Blue Brass
Jazz, das ist eine Kunstform, die, wenn sie sich ernst nimmt, mutig aus dem Augenblick heraus entsteht. Damit steht dieses traditionsreiche Genre nachgerade sinnbildlich für unsere Ära des permanenten Wandels. Speziell in Zeiten einer Wirtschaftsrezession, bietet es sich an, den Jazz als Lehrmeister für einen Alltag heranzuziehen, in dem zusehends mehr Menschen improvisieren müssen. Die vielen Aspekte des „busy surviving“, den Protagonisten dieser Kunst von jeher lebten, können in diesen Tagen gerade auf den Tummelplätzen der Entrepreneure wieder beispielhaft sein. Auch in höchster materieller Not oder in engen Konkurrenzsituationen trachtet ein Vollblutjazzer nach Ausschöpfung seines Potentials, nach Momenten der Freiheit, nach Transzendenz und Ablösung vom Materiellen.
Darum weiß Paul Zauner, Posaunist, Promotor, Labelbetreiber aus dem oberösterreichischen Diersbach. Um mit Curtis Mayfield zu sprechen: Zauner kommt stets „in peace, with a message of love.“ Selbst im Grenzland zu Bayern aufgewachsen, ist auch sein Idealismus grenzüberschreitend. Mit seiner zart swingenden eigenen Musik zieht er durch die Lande, seine famosen PAO-Alben sendet er um den ganzen Globus. Ihn selbst lockt es immer wieder ins mythenumwobene Harlem. Dort bewegt sich der in oberösterreichisch-bäuerlichem Umfeld Sozialisierte, ganz so cool wie die echten Harlemiten. Betritt man mit ihm etwa das liebenswert anarchische St. Nick´s Pub am Sugar Hill, dieses letzte Refugium des alten Spirit of Harlem, dann gibt es ein großes Hallo. Die Musikerschar kennt und liebt diesen ungewöhnlichen Gast. Da tauscht man sich über Vorzüge deftiger Küche ebenso aus, wie über allerlei musikalische Feinheiten, die Granden wie Donald Smith und Mansur Scott, dort im Herzen von Harlem allwöchentlich platzieren. Exakt diese beiden Könner lud Zauner ein, die neue Blue-Brass-CD „Soulful Change“ zu würzen.
Musik ist immer dann am besten, wenn die eigentliche Struktur durch Poesie, Mystik und individelle Expression überhöht ist, Selbstausdruck und Erkenntnis scheinbar mühelos zusammenfallen. Dies passierte in den siebziger Jahren in der legendären Gruppe The Cosmic Echoes, die der famose Pianist Lonnie Liston Smith um sich scharte. Als deren Sänger und Flötist hatte Donald Smith eine zentrale Rolle inne. Der aus Richmond, Virginia stammende Musiker, zog Anfang der achtziger Jahre nach New York und konzentrierte sich ganz auf sein bis dahin vernachlässigtes Klavierspiel. Smith entwickelt auf den 88 Tasten freiere Formen, als es der Space Funk von Bruder Lonnie zugelassen hätte. Auf Zauners „Soulful Change“ brilliert er in Stücken wie „In A Sentimental Mood“ mit viel Eigensinn und noch mehr Soulfulness.
Die besitzt auch der aus dem Zentrum Harlems stammende Sänger und Perkussionist Mansur Scott. Seine Jugend verbrachte er hauptsächlich in so legendären Venues wie dem Cotton Club und dem Minton´s Playhouse. In seiner liebevollen Adaption von Monks „Round Midnight“ liegt alle Weisheit des alten Harlem. Scotts sich zumeist im Baritonbereich bewegende Stimme winkt mal weg vom Gift der Euphorie, dann lockte sie wieder ins Gefilde persönlicher Verheißung. „Soulful Change“, mit all seinen hochkulinarischen Beiträgen von Clemens Salesny bis Dusan Novakov, von Peter Massink bis Wolfram Derschmidt & Daniel Nösig, schafft es in seiner Spannweite zwischen Frohsinn und Melancholie, zwischen Erdigkeit und Poesie, dem Augenblick seltene Magie zu verleihen.
> „Soulful Change“ CD Besprechung
line up:
Paul Zauner, Posaune,
Mansur Scott, vocals,percussion
Daniel Nösig, Trompete,
Clemens Salesny, Altsaxophon,
Klemens Pliem, Tenor Saxophopn
Peter Massink, Bariton Saxophon
Donald Smith, piano/vocal(New York)
Wolfram Derschmidt, bass,
Dusan Novakov, drums.