JazzFest.Wien Festival History

JazzFest.Wien 2010

Melody Gardot | Juliette Greco

Wiener Staatsoper  19.30 Uhr


Juliette Greco

Juliette Greco

Juliette Gréco, am 7.2.1927 in Montpellier, Languedoc-Roussillon, geboren, verkörpert perfekt die intellektuelle Nachkriegsgeneration Frankreichs. “Muse der Existenzialisten” wurde sie gerne genannt oder auch “Schwarze Rose von St. Germain”, weil sie schwarze Rollkragenpullover, enge Hosen und schwarze Etuikleider populär machte – zudem mit dunkler Stimme Melancholisches entäußerte. Ihre problematische Kindheit im Krieg, Mutter und Schwester wurden ins KZ Ravensbrück deportiert und überlebten nur knapp, dürfte maßgeblich dafür verantwortlich sein, dass die Gréco ihr Leben lang der Schwermut williges Opfer war. Was ihre Kunst beförderte, ihrem Privatleben aber eher nicht bekam.

Kurz nach dem Krieg eröffnete sie gemeinsam mit einer Freundin das schnell Legendenstatus aufbauende Kellerlokal “Tabou” in der Rue Dauphine, das Stammgäste wie Marlene Dietrich, Jean-Paul Sartre und Orson Welles anlockte. Boris Vian musizierte dort, Schriftsteller wie Raymond Queneau und Albert Camus kamen im Dunkel des Tabou ins Grübeln. Gréco debütierte 1947 als Sängerin im eigenen Lokal. In der Folge ließ sie sich ihre Chansons von Intellektuellen und Poeten wie Queneau und Jacques Prévert schreiben. Die Grenzen zwischen Freundschaft und Affäre waren fließend. 1957 verliebte sich Jazztrompeter Miles Davis, der für einige Zeit in Paris war um den Soundtrack für Louis Malles „Fahrstuhl zum Schafott“ einzuspielen, in die unergründliche Chansonsängerin. Er sprach kein Wort Französisch, sie keines Englisch… Nur freundschaftlich verlief ihre Bekanntschaft mit Jean Cocteau, in dessen Film „Orphée“ sie 1950 erfolgreich agierte. Daneben spielte sie Theater und machte eine Poesie-Sendung im Radio.

Schon früh ermunterte sie den kreativen Nachwuchs, gab damals jungen Männern wie Serge Gainsbourg und Leo Ferré den Auftrag Lieder für sie zu schreiben. Grécos Gesangsvortrag vor Publikum war von jeher von sparsamsten Bewegungen geprägt, alle Konzentration gilt den Nuancen des Wehen in ihrer rauen Stimme. Die zwischen 1967 und 1977 mit dem Schauspieler Michel Picccoli verheirate Chansongöttin, frisierte für Fotografen gerne auch mal einen Geparden in ihrer Badewanne, wenn sie nicht gerade Texte von Apollinaire oder von Sartre (etwa „Rue des blancs manteaux“) musikalisierte. Im Film imponierte ihre aparte Erscheinung. Mit ihrer Rolle in „Bonjour Tristesse“ (nach Francoise Sagans Bestseller) eroberte sie 1958 das internationale Kinopublikum großflächig. Später, in den sechziger Jahren, wurde sie durch die TV-Serie „Belphegór“ noch breiterem Publikum bekannt.

Jujube – so ihr Spitznamen – nahm bis zum heutigen Tage an die 50 Chansonsalben randvoll mit Poesie und Gesellschaftskritik auf. Zuletzt erfreute das angenehm nostalgische „Le Temps D´Une Chanson“. Auf dieser kurz vor ihrem 80. Geburtstag fertig gestellten berührenden Liedersammlung mit großem Jazzorchester solieren so bekannte Instrumentalisten wie der kürzlich verstorbene Saxofonist Michael Brecker, der Trompeter Wallace Roney sowie der Saxofonist Joe Lovano. Gil Goldstein sorgte für die zarten Arrangements. Grécos Ehemann Nummer 3, der Pianist Gérard Jouannest spielt Klavier. Und die Gréco zauberte sich mit ihrem attraktiv aufgerauten Organ zärtlich in die Vergangenheit, interpretiert aufs Innigste legendäre Lieder wie „Avec Le Temps“, „La Chanson De Prévert“, „Volare“ und La Folle Complainte“ Dieser Moment der Rückschau sei ihr gegönnt, überraschte sie doch vor wenigen Jahren mit dem Album „Aimez-vous les uns les autres ou bien disparaissez“ … („Liebt euch oder verschwindet“):, auf dem sie Tradition und Moderne perfekt verband. Jungstars wie Benjamin Biolay, Miossec und Marie Nimier kollaborierten da höchst harmonisch mit der Grande Dame des französischen Chansons.

Und auch ihr aktuellster Streich, das vollends mit neuen Kompositionen angereicherte „Je Me Souviens De Tout“ wurde ein perfektes Album, das die Grande Dame mit der Jugend verbindet. Gérard Jouanest schrieb die Musik und Youngsters von Oliva Ruiz über Christophe Miossec bis hin zu Abd Al Malik schrieben die Texte. Anders als zuletzt verharrt die Gréco diesmal in sehr kargen Arrangements, die ihre Stimme – egal ob in zärtlichen oder kriegerischen Passagen – besonders intensiv klingen lassen.

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Melody Gardot

Melody Gardot

Ihr Album „Worrisome Heart“ war die Sensation des vorletzten Jahres.
Zumindestens im Erwachsenensegment des Musikmarkts. Melody Gardot besitzt eine verführerische Stimme und einen unüberbietbaren Sinn für großartige Melodien. Die schreibt sie größtenteils selber.

In den Jubel über ihre Musik mischten sich damals dramatische Berichte über ihre unfreiwillige Begegnung mit einem Lastwagen ein paar Jahre zuvor. Gardot war mit dem Fahrrad unterwegs. Das bedeutete einen eindeutigen Knautschzonennachteil gegenüber dem Lastwagen. Die Folgen waren beinah letal. Eineinhalb Jahre Intensivstation. Um ihr Gedächtnis wieder zu erlangen, unterzog sie sich einer intensiven Musiktherapie. Die heute 25jährige Künstlerin aus der Gegend um Philadelphia leidet seither an Lichtempfindlichkeit, Migräne und geht am Stock. Das alles hinderte sie nicht an einer internationalen Karriere.

Ihr zweites Album „My One And Only Heart“ geriet nachgerade sensationell. Zehn neue Songs aus eigener Feder und eine erfrischend kühle Interpretation von Judy Garlands „Over The Rainbow“ bezirzen wie in der guten alten Backhendlzeit des Torch Songs, als ein Frank Sinatra mit einem Album wie „Where Are You?“ für Herzschmerz sorgte. Was damals Arrangeur Gordon Jenkins war, das war für die Gardot der famose Vince Mendoza: der Mann, der mit feinziselierten Arrangements die sämtliche Wallungen des menschlichen Herzens kommentierend begleitet.

Melody Gardot singt besser als Madeleine Peyroux, komponiert gehaltvoller als Norah Jones und beweist auf der Bühne mehr Mut zur Improvisation als Diane Krall. Genau das richtige Ausgangsmaterial für Larry Klein, einen der letzten Magier unter den Produzenten. Edel bis ins letzte Detail hinein funkelt hier das Material. Die melancholische Sängerin kann sich ganz und gar der stimmlichen Interpretation ihrer Preziosen widmen. Als Draufgabe spielt sie noch Gitarre und zuweilen auch Klavier. Gardots neue Lieder klingen jetzt schon als wären sie Evergreens. Ihre Stimme lockt in Gefilde, wo die Zeit stehen geblieben zu sein scheint und dem Menschen noch Zeit und Kraft für große Gefühle geblieben sind.

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