JazzFest.Wien Festival History

JazzFest.Wien 2010

Al Green

Wiener Staatsoper  19.30 Uhr


Al Green (c: Christian Lantry/Blue Note Label Group)Al Green (c: Christian Lantry/Blue Note Label Group)Al GreenAl Green

Al Green

Al Green wurde 1946 in Arkansas in armen Verhältnissen geboren. Vater Robert Greene, ein Hobbybassist, formte nach der Auswanderung ins graue Grand Rapids in Michigan aus seinen vier Söhnen Al, Robert, William und Walter die strikt gospelige Wunderkindformation „The Greene Brothers“. Al Green (den Endvokal e ließ er ab seinem zweiten Album weg) träumte schon früh davon der nächste Sam Cooke zu sein. Seine eigentliche Realität fand er bereits in Kindertagen in der Welt des R&B.  Als er 16 Jahre alt war, erwischte ihn sein Vater beim Hören von Jackie Wilsons „A Woman, A Lover, A Friend“ und warf ihn raus. Es folgten unstete Jahre, in denen sich Green total abgebrannt und teilweise sogar obdachlos, um so etwas wie eine Sängerkarriere bemühte. In einem texanischen Musikklub traf er auf den Mann, der ihn zur Weltkarriere führen sollte, den 1928 geborenen, heuer verstorbenen Trompeter und Produzenten Willie Mitchell.

Der erfahrene Mitchell erkannte das große Talent des jungen Sängers, lieh ihm Geld, lud ihn nach Memphis ein. Es war der schicksalswendende Moment im Leben Greens, als er gedanklich davon abließ, der nächste Jackie Wilson zu werden, sich stattdessen Mitchell anzuvertrauen, der die Vision hatte, dass Green mit stiller Glut punkten müsse. Der bald einsetzende Erfolg gab ihm recht. Mitchell pflegte zu sagen: „Bleib cool, Kid. Sing sanft, das entwickelt bei dir viel mehr Kraft“ Green beherzigte diesen Rat und lancierte selbst komponierte Welthits wie „I´m So Tired Of Being Alone“ (1971), „Let´s Stay Together“ (1971), „Love & Happiness“ (1972), „Simply Beautfiul“ (1972) und „Take Me To The River“ (1974). Seine Ausdruckspalette als Komponist und Gesangsstilist reichte von äußerst sensitiven Balladen wie „Something“, über Gospelstomper wie „Take Me To The River“ bis hin zu freier Funkimprovisation, wie er sie 1975 im ekstatischen „Love Ritual“ fasste.

Auch als Interpret bekannter Songs aus Pop und Country konnte er sich einen Namen machen. Seine beseelte Version von „For The Good Times“ ist ebenso unerreicht wie seine Adaptionen von „The Letter“ und „Unchained Melody“. Trotz Weltkarriere sehnte sich Al Green Ende der Siebzigerjahre nach etwas Höherem. Eines Tages fuhr er mit dem Auto durch die Gegend, erblickte die Gospel Tabernacle Church in Memphis und beschloß sie zu erwerben. Mit den reichlich fließenden Tantiemen seiner selbst komponierten Hits war das kein Problem. Dann ließ er sich zum Reverend ausbilden, sagte der Musik im wahrsten Sinne des Wortes Adieu und setzte seine Stimme viele Jahre lang fast exklusiv für das Seelenwohl seiner Gemeinde ein. Ab und an nahm er ein Gospelalbum auf, aber nur sehr selten tauschte er das „Jesus“ in seinen Liedern gegen das weltliche „Baby“ ein. Zu Beginn der neunziger Jahre reüssierte er zwar in Europa mit dem von der britischen Band Fine Young Cannibals produzierten Album „Don´t look back“, in den heimatlichen USA war er indes mehr oder weniger von der musikalischen Landkarte verschwunden.

Das änderte sich 2003 als er sich zu einer musikalisch spektakulären Wiedervereinigung mit seinem alten Weggefährten Willie Mitchell aufraffte und mit „I Can´t Stop“ und „Everything´s O.K.“ zwei epochale, weltliche Alben einspielte. Leidenschaftlich jubiliert, quengelt, bellt und presst er seine stets überschäumenden Gefühle zu klugen, sparsamen Arrangements Mitchells, der wohl alle Hände damit zu tun hatte, Greens uferlosen Gesang vor der Gefahr der Outrage zu bewahren. Der Reverend zapfte seinen reichen inneren Vorrat an Gospelekstase an und machte sie den Topoi der Liebe nutzbar.

Sein bislang letztes Album „Lay It Down“ von 2008 zeigt ihn im Kreise junger Verehrer aus Hiphop und Neo-Soul. Als Produzent fungierte Ahmir „Questlove“ Thompson (Drummer der Roots). Er nahm mit den Dap-King-Horns, jener Bläsergruppe, die auch Amy Winehouse begleitete, Keyboarder James Poyser und dem Philly-Soul-Cellisten Larry Gold große Kollegen mit ins Boot. Für Duette rekrutierte er John Legend, Anthony Hamilton und Corinne Bailey Rae. Es wurde alles richtig gemacht. Al sang subtil wie eh und je. Größtenteils thriumphiert karger Memphis-Sound, bei „You´ve Got The Love I Need“ dominiert dann aber ein Philly-Breitwand-Arrangement. Al Green, die neben Bobby Womack und Solomon Burke letzte ganz große Legende aus der goldenen Soulära, gastiert zum ersten Mal seit 1994 wieder in Wien.

line up
Al Green – Lead
Barry Campbell – Bass
Stacey Wade – Keys
Darryl Wells – Drums
Peter Carroll – Trumpet
Dave Stewart – Sax
Dustin Barber – Guitar
Terick Verges – Percussion
Kenneth Dewalt – Trombone
Thomas McClellan – Keys
Kora Green – B Vox
Alva Green – B Vox
Rubi Green – B Vox
Korey Jones – dancer
Anderson Cooper – dancer

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