JazzFest.Wien 2011
Zawinul Music Days: The Syndicate | radio.string.quartet.vienna
Porgy & Bess 21.00 Uhr
Ruhelosigkeit und Eigenwilligkeit zeichnen den 1932 in Wien geborenen und 2007 verstorbenen Akkordeon-, Klavier- und Synthesizervirtuosen bereits in früher Kindheit aus. Geprägt von allerlei Volksmusik zwischen slawischen Weisen und Sinti-Melodien, begann er schon als Kind zu improvisieren. 1944 kommt er erstmals mit dem Jazz in Berührung. Damit ist sein Lebensweg vorgezeichnet. Seinen größten Wunsch, mit afro-amerikanischen Jazzmusikern zu spielen, verliert er nie aus den Augen. Erfolge mit den Austrian All Stars, mit Roland Kovac, mit Fatty George, ein kurzes Gastspiel bei Hans Koller und dann ist Josef bereit zum Joe zu werden.
Im Jänner 1959 legte die „Liberté“ von Le Havre ab. Mit an Bord, der lernbegierige Zawinul, eigentlich schon ein Profimusiker. Mit 800 Dollar im Börsel und einem Stipendium der Musikhochschule von Berklee nahe Boston, träumt er von der großen Karriere. Bereits nach vierzehn Tagen verläßt er die Hochschule und beginnt als Freelancer zu spielen.
Eine großartige Karriere als Sideman hebt an. Maynard Ferguson, Dinah Washington, Joe Williams, Cannonball Adderley, Yuseef Lateef, Ben Webster, J. J. Johnson, Slide Hampton, Ella Fitzgerald und Miles Davis. Als Joe Zawinul nimmt er den Lebensstil der Schwarzen an, lebt in Harlem und Brooklyn und spielt funky wie ein echter Harlemit. Aus ökonomischen Gründen begann er mit dem Komponieren. Dabei interessierte ihn nicht bloß die Struktur sondern auch die Soundqualität. Seine erdigen Kompositionen für das Cannonball Adderley Quintet wurden Welthits: „Mercy, Mercy, Mercy“, „Walk Tall“, „74 Miles“ und „Country Preacher“ prägten das Genre Soul-Jazz.
Dann die ersten Soloplatten. Folgte „Money in the Pocket“ noch ein wenig den Spuren der Blue-Note-Ästhetik, so begann er auf „The Rise and the Fall of the Third Stream“ gemeinsam mit dem Arrangeur William Fischer mit zarten Experimenten. Nach dem er Miles Davis Ersuchen, etwas mit ihm einzuspielen, schon einmal abschlägig beschieden hatte, war es 1969 dann doch soweit. Zawinul schrieb so bedeutende Stücke wie „In a Silent Way“ und „Pharao´s Dance“ und spielt mit Miles Davis epochemachende Alben wie „In a Silent Way“, „Bitches Brew“ und „Big Fun“ ein. Die Harmonien und die Rhythmen wurden abstrakter, die Post-Produktion wurde eingeführt. Der Weg für das Genre Fusion war geebnet.
1971 gründete Zawinul gemeinsam mit dem Saxophonisten Wayne Shorter die Band Weather Report, mit der er endgültig im Olymp der Jazzgrößen angelangt war. Mit Alben wie „I sing the Body Electric“, „Sweetnighter“, „Black Market“ und „Time Passage“ und Hits wie „Birdland“ wurde Zawinul spätestens jetzt unsterblich. Zawinul war ein echter Originator, ein Musiker, der nicht nur einen unverkennbaren Stil hat und zahlreiche Jazzstandards komponierte, sondern auch treibende Kraft dreier neu zu etablierender Genres war. Nachdem er in den sechziger Jahren dem Soul-Jazz seinen Stempel aufdrückte, in den siebziger Jahren den Electric Jazz miterfand, entwickelte Zawinul auch den Worldmusic-Jazz mit, indem er mit solch brillanten Musiker wie Salif Keita und Richard Bona kollaborierte.
Längst ist es wieder an der Zeit diesen Meister zu würdigen. Das radio.string.quartet.vienna tut es an diesem Abend mit ausgesuchten Werken, genauso wie „The Syndicate“, die letzte Begleitband von Zawinul, die den Spirit von Weltmusik, Funk und Jazz so unvergleichlich zu fusionieren versteht.
radio.string.quartet.vienna – „Zawinul Report“
Elektrisierende Rhythmen, die Freiheit des Jazz, die multikulturelle Vielfalt Wiens: Es gibt einige Gemeinsamkeiten zwischen Joe Zawinul und dem radio.string.quartet.vienna. Als der berühmte Wiener und Klangmagier im Jahr 2007 starb, hatte die experimentierfreudige Streicher-Formation gerade ihr erfolgreiches Debüt vorgelegt. „Celebrating the Mahavishnu Orchestra“ – die groovende wie inspirierte Neu-Interpretation eines Jazz-Rock-Klassikers aus den 70er Jahren.
Insofern gab es beim radio.string.quaret.vienna von Beginn an eine starke Seelenverwandtschaft zu dem Mann, der – neben Miles Davis und Wayne Shorter – die Fusion aus rockiger Dynamik und jazziger Raffinesse entscheidend vorangetrieben hat. Der seinen Sound aber auch mit Volksmusik-Einflüssen und neuer polyrhythmischer Spannkraft anreicherte. Alles Essenzen, mit denen letztlich auch das „r.s.q.v.“ den Kanon des klassischen Streich-Quartetts stetig erweitert – dokumentiert auf bislang drei Alben und weltweit gefeierten Konzerten.
Das Konzert-Special „Zawinul Report“ ist eine Huldigung an den wohl einflussreichsten europäischen Jazzmusiker, an dem im Jahr 2012 – aus Anlass seines 80. Geburtstages – auf vielfältige Weise erinnert werden wird. Zugleich ist das Programm für Bernie Mallinger (Violine), Asja Valcic (Cello), Cynthia Liao (Viola) und Igmar Jenner (Violine) ein weiterer Schritt, den Geist der Fusion Music in die heutige Zeit zu übersetzen. „In A Silent Way“, die unsterbliche Ballade, die Zawinul für Miles Davis schrieb, gehört bereits zum festen Live-Repertoire der Gruppe. Hinzu kommen nun vor allem Stücke aus der Ära von „Weather Report“, der stilprägenden Supergroup des Jazz-Rock („Birdland“, „Black Market“). Bernie Mallinger: „Zawinul hat bahnbrechende Kompositionen geschrieben und seinem Keyboard diese unglaublichen Grooves entlockt. Das aufs Streich-Quartett zu übertragen, hat uns ungemein gereizt.“
line up:
The Syndicate
Emile Parisien: alto-, soprano saxophone
Alegre Corrêa: guitar, vocals
Thierry Eliez: keyboards
Alioune Wade: bass
Paco Sery: drums
Aziz Sahmaoui: percussion, vocals
Jorge Bezerra: percussion
radio.string.quartet.vienna
Bernie Mallinger: violin
Igmar Jenner: violin
Cynthia Liao: viola
Asja Valcic: cello