JazzFest.Wien 2012
The John Scofield Hollowbody Band | Marc Ribot & Los Cubanos Postizos
Rathaus/Arkadenhof 20.30 Uhr
Foto Impressionen
7. Juli 2012
Rathaus/Arkadenhof:
John Scofield |
Marc Ribot
John Scofield
Der 1951 in Dayton, Ohio, geborene Gitarrist und Komponist John Scofield gehört zur entspannten Sorte von Künstler. Humor, wacher Geist und ungebrochener Abenteuerwille lockt ihn ständig in neues musikalisches Umfeld. Was hat er nicht schon alles gemacht? Als Sideman spielte er mit Granden wie Miles Davis, Chick Corea und Charles Mingus, als Leader kreierte er seinen ganz eigenen Sound, der Funk, Rock und Jazz mühelos vereint.
John Scofields von geheimem Feuer genährten Grooves glühen zwar im Zentrum rechtschaffen gemütlich, fransen allerdings an den Rändern subversiv aus. Unter seinen Soloalben gab es viele höchst unterschiedliche Highlights. Da charmierte das funky „Überjam“, das erdige „Bump“, die rüde Ray-Charles-Hommage „That´s What I Say“ und das formidable New-Orleans-Gospel-Album „Piety Street“.
Wenn man das Verhältnis zwischen Sound und eigentlichem Spiel als Relation von Affekt und der Reflexion auf eben diesen Affekt definiert, dann müsste man John Scofields in den letzten Jahren auffällig gewordene Hinwendung zu den Soundqualitäten seiner Musik gleichzeitig als ein Bekenntnis zu mehr Gefühl im Jazz gedeutet werden. Und so ist es tatsächlich. Der Mann kommt dieser Tage mit weniger Noten aus, spielt diese aber derart fett aus, dass es zum Jubeln ist.
Wenn er im Sommer beim Jazz Fest Wien gastieren wird, hat er mit der Hollowbody Band eine Wundertruppe zusammengestellt. Mit dabei sind Gitarrist Kurt Rosenwinkel, Bassist Ben Street und Drummer Bill Stewart. Auf das Interplay zwischen Scofield und Rosenwinkel und das Maß ihrer Improvisationen kann man gespannt sein.
Marc Ribot
Der 1954 geborene Marc Ribot ist ein smarter Gitarrenzauberer zwischen Jazz, Son und Noise. Tom Waits schätzt seine unkonventionellen Klangdienste ebenso wie John Zorn, David Sylvian und Robert Plant. In seiner verworrenen Vita spielte er aber auch für Soulman Solomon Burke, für Dichter Allen Ginsberg und Jazzlegende McCoy Tyner. Ribots E-Gitarre schrammt stets sehr subtil an die jeweilige Melodik. Egal ob Blues, Jazz, Soul oder Son – ein Ribot-Treatment ist unverwechselbar.
Der in Newark, New Jersey aufgewachsene Gitarrist, der auch Trompete und Helikon spielt, hatte das Glück mit dem haitianischen Saitenvirtuosen Frantz Casseus einen exzentrischen Lehrer zu haben. Nach Anfängen bei Soul-Jazz-Orgler Jack McDuff und Rock´n´Roll-Veteran Chuck Berry öffnet Ribot seit den Achtzigerjahren den Gitarrenkoffer nur mehr dort, wo Herkömmliches keine Chance hat. Seine eigenen Formationen wie The Young Philadelphians, die Rootless Cosmopolitans und die famosen Los Cubanos Postizos tönen allesamt schräg. Für Ribot ist es eine Sache der künstlerischen Lauterkeit, in seiner Musik ironische Distanz aufkommen zu lassen.
Als jemand, der anderer Herkunft ist als die meisten seiner musikalischen Helden, ist es ihm wichtig, das Heute in seinen Stil einfließen zu lassen. Etwa bei seinem mehrteiligen Kuba-Projekt mit Los Cubanos Postizos, wo er rasante Grenzgänge zwischen dem Nouveau-Pauvre-Chic der New Yorker Downtown-Szene und dem vitalen Machismo des kubanischen Son absolviert. Vorbild ist ihm dabei der große Arsenio Rodriguez, der unvergessliche, blinde Tres-Virtuose und Erneuerer des Son Montuno.