JazzFest.Wien 2012
Keith Jarrett / Gary Peacock / Jack DeJohnette
20.00 Uhr
Keith Jarrett
Der 1945 in Allentown in Pennsylvania geborene Pianist Keith Jarrett lernte bereits mit drei Jahren Klavier. Seine Mutter entschied sich gegen die Ausbildung bei der weltberühmten Nadia Boulanger in Paris, wo etwa Quincy Jones und Donald Byrd studierten. Jarrett besuchte eher lustlos das Berklee College of Music in Boston. Mit siebzehn spielte er auch schon in Bars.
Ab 1963 nahm er eine Reihe von Sideman-Jobs bei Stars wie Chet Baker, Art Blakey und Lee Konitz an. Den wohl wichtigsten Impuls für seine Solokarriere gab ihm ab 1966 sein zweijähriges Verweilen in der Band von Saxofonist Charles Lloyd, mit dem er u.a. das epochale „Forest Flower“ eingespielt hat.
1968 hat das Junggenie mit „Restoration Ruin“ ein Folkalbum eingespielt, auf dem er sämtliche Instrumente, also auch Gitarre und Schlagzeug spielte und sehr, sehr schüchtern sang. Im selben Jahr gründete er mit Schlagzeuger Paul Motian und Bassist Charlie Haden sein erstes eigenes Trio, das er später um den Saxofonisten Dewey Redman (zwischen 1971 und 1976) erweitert hat.
Seine Mitwirkung an E-Piano und Orgel in der Formation von Miles Davis in der Zeit von 1969 bis 1971 machte ihn einem größeren Publikumskreis bekannt. Es folgten zahlreiche Aufnahmen im Trio und solo. Spätestens sein 1975 ediertes Köln-Konzert, das sich bis zum heutigen Tag an die 3,5 Millionen Mal verkauft hat, machte ihn zum Star.
Seit Jahrzehnten ist er beim Label ECM unter Vertrag, dessen Leiter Manfred Eicher auch mit viel Freude mehr und mehr Jarrett-Alben mit klassischer Musik veröffentlichte. Von Bachs „Goldberg-Variationen“ über die Solo-Suiten von Händel bis hin zu Präludien und Fugen von Schostakowitsch reicht Jarretts Spektrum auf diesem Terrain.
Seit Beginn der Achtzigerjahre nimmt er sich mit seinem seither aus Schlagzeuger Jack DeJohnette und Bassist Gary Peacock bestehenden Trio der Neudeutung von Klassikern des Broadway- und Tin-Pan-Alley-Repertoires an.
Das Level an Virtuosität, das Jarrett erreichte und über Jahrzehnte hielt, forderte auch seinen Tribut. Seit Mitte der Neunzigerjahre leidet er am chronischen Erschöpfungssyndrom, das ihn immer wieder zwingt, das Konzertieren einzustellen. Und doch nimmt er weitere große Alben wie zuletzt „Rio“ auf. Oft sind es Live-Aufnahmen mit dem Trio, zuweilen Soloaufnahmen etwa die genialen Alben „The Melody At Night, With You“ und „Radiance“.
Gary Peacock
Gary Peacock, 1935 in Idaha geboren, gehört neben Scott LaFaro zu den großen Erneuerern des Jazzbassspiels. Dabei begann er in seiner Kindheit zunächst mit Klavier, spielte später Vibraphon. Heute bewegt er sich angstfrei improvisierend am Kontrabass von Pattern zu Pattern.
Seines klangfarbenfrohen und perkussiven Flirtens mit den Tönen bedienten sich viele ganz Große. Nach seinem Militärdienst in Deutschland waren das Hans Koller und Attila Zoller. In den USA spielte Peacock mit Granden wie Jimmy Giuffre, George Russell, Albert Ayler, Miles Davis, Roland Kirk und seit 1983 mit Keith Jarrett.
Peacock ist vielseitig interessiert, studierte eine Zeitlang Biologie und Philosophie und lebte einige Jahre in Japan und in Großbritannien. Für das Label ECM spielte er brillante Alben unter eigenem Namen ein, stand aber auch als intelligenter Sideman für Kollegen wie Ralph Towner, Tomasz Stanko, Jan Garbarek und Paul Bley zur Verfügung. Der Name Gary Peacock bürgt für Virtuosität, die voller Wärme ist.
Jack DeJohnette
Schlagzeuglegende Jack DeJohnette, 1942 in Chicago geboren, spielt auch Klavier und Melodika. Als Drummer war er zunächst von Elvin Jones (John-Coltrane-Quartet) beeinflusst. Bald spielte er Alben ein, die Jazzgeschichte schrieben. Zunächst mit dem Saxofonisten Charles Lloyd, in dessen Band damals auch Keith Jarrett spielte.
Später war er stilbildender Rhythmiker beim impressionistischen Pianisten Bill Evans und beim klanglich ausufernden Miles Davis. Etwa auf dem legendären Album „Bitches Brew“. DeJohnettes Spiel ist von ausgesuchter Delikatesse, in seinen Beats vibriert umfassende Musikalität. Seine Arbeit mit den Becken kann man getrost orchestral nennen.
Bei ECM ist er seit den Siebzigerjahren sowohl als Sideman wie als Leader äußerst begehrt. Zu seinen großartigsten Soloalben zählen „Zebra“ (mit Lester Bowie), zu unvergesslichen Sideman-Arbeiten „Gnu High“ mit Trompeter Kenny Wheeler als Leader. Gerne kombiniert er Elemente aus Free Jazz und World Music. Im Trio mit Keith Jarrett spielt er ebenfalls seit 1983.