JazzFest.Wien 2016
Cyndi Lauper | Meena Cryle & The Chris Fillmore Band
Wiener Staatsoper 19.30 Uhr
(Foto: C. Lauper MGMT)
Cyndi Lauper
Cyndi Lauper ist der Inbegriff des ewigen, schlimmen Mädchens. Ihr Markenzeichen ist diese scharf in die Gehörgänge fräsende Pieps-Stimme, die ihre lakritzsüßen Pop-Songs so schmackhaft macht.
Dass ausgerechnet, dieses so ausdauernd mit dem Kindchenschema tändelnde, ältere Mädchen – immerhin schon 62 Jahre alt – zuletzt auf den Blues gekommen ist, war nicht für jeden nachvollziehen. Wer dem Album „Memphis Blues“ vorurteilsfrei lauschte, wurde aber reichlich belohnt.
Das wilde Gör interpretierte mit viel Gusto zwölf Kleinodien aus den düstereren Regionen des Seins. Beim Jazz Fest Wien 2011 präsentierte sie dieses wunderbare Werk mit dem Gitarristen Michael Toles und Orgler Archie Turner, zwei Granden des Memphis-Soul. Das gewann ihr Authentizität.
Natürlich ließ Laupers Blues nicht ganz vom Showbiz-Glanz. Da flossen die Tränen in viel Flitter und noch mehr Mascara. Nichtsdestoweniger waren die Gefühle dahinter real. In Liedern wie „Romance In The Dark“ und „Don´t Cry No More“ zeigte Lauper sublimste Melancholie. Instrumental gesehen machte man ganz auf Willie-Mitchell-Schule: simmernde Hammondorgel, delikate Gitarrenlicks, weltumarmende Bläser.
Selbstverständlich vergaß Lauper auch nicht ihre Popklassiker „Girls Just Want To Have Fun“, „She Bop“, „True Colors“ und „Time After Time“, das einst sogar Miles Davis coverte, ausgiebig zu herzen. Seit diesem letzten Auftritt in Wien hat sich einiges in ihrem künstlerischen Leben getan.
2013 komponierte sie die Musik für das Broadway-Musical „Kinky Boots“, für das sie sowohl den Grammy wie den Tony Award gewann. Derzeit bereitet sie ein Country-Album mit Tony Brown und Seymour Stein als Produzenten vor. Wahnsinn, was aus der einstigen Schulabbrecherin aus Queens wurde. Immer noch ist Cyndi Lauper die Ikone aller Mädels mit rebellischen Neigungen.
(Fotos: J. Wahl)
Meena Cryle
Die aus der oberösterreichischen Provinz stammende, 39jährige Meena Cryle hört sich überraschend wie eine Mischung aus Janis Joplin und Etta James an. Hinter der rauen Anmutung ihres zwischen Soul und Blues wandelnden Sounds, verbergen sich Sehnsucht und Hingabe, Trauer und Ekstase.
Ihre kräftige, durch und durch beseelte Stimme navigiert mal behutsam, dann wieder sehr energisch durch die Welt der großen Gefühle. Die legendäre Blues- Soul- und Jazzsängerin Etta James, ein Vorbild Cryles, wusste, warum das so ist: „Frauen fühlen tiefer, lieben intensiver als Männer.“ Meena Cryle sieht es ähnlich: „Den Blues zu singen, heißt für mich nicht, permanent trübselig zu sein. Musik kann helfen Emotionen zu kompensieren, sie kann dich aber auch über den eigenen Kopf hinaus katapultieren.“
Erstaunlich, dass Meena Cryle aus einem kleinen oberösterreichischen Flecken namens Überackern kommt. Mit bürgerlichem Namen heißt sie Martina Kreil und wuchs mit oberösterreichischer Volksmusik und den Schlagern der Bambis auf. Irgendwann hörte sie „Move Over“ von Janis Joplin. Bald waren ihre Vorbilder Etta James, Tom Waits und Millie Jackson.
Seit sechzehn Jahren singt sie mit dem aus Braunau stammenden Gitarristen Chris Fillmore. Auch Fühlung mit internationalen Größen hatte sie schon. So ging sie etwa mit dem kalifornischen Bluesgitarristen Coco Montoya auf Europatour. Und ihr famoses Album „Try Me“ hat sie sogar in Memphis, USA, unter der Ägide eines amerikanischen Produzenten aufgenommen. Danach folgten die nicht minder superben Werke „Feel Me“ und „Tell Me“. Wie alle guten Sängerinnen ist sie live noch einen Tick besser als im Studio. Wohlan!