JazzFest.Wien Festival History

JazzFest.Wien 2016

John Scofield – Brad Mehldau – Mark Guiliana |
Wolfgang Muthspiel „solo“

Wiener Staatsoper  19.30 Uhr

John Scofield / Brad Mehldau / Mark Guiliana
 
John Scofield (c: Frank Stefan Kimmel)
(Foto: Frank Stefan Kimmel)
Brad Mehldau (c: Michael Wilson)
(Foto: Michael Wilson)
Mark Guiliana(c: Deneka Peniston)
(Foto: Deneka Peniston)

John Scofield / Brad Mehldau / Mark Guiliana

Der 45jährige Mehldau gilt – neben Jacky Terrasson – als der mittelalterliche Pianist mit der größten künstlerischen Kraft. Die oft gebrauchten Vergleiche mit Bill Evans oder Lennie Tristano hinken dennoch. Er selbst beharrt darauf, dass McCoy Tyner und Hancock, sowie Miles, Trane, vor allem aber Charlie Parker wesentlichere Einflüsse für ihn waren.

Ursprünglich von der Klassik kommend, absolvierte er die Berklee School, um dann bei Junior Mance und Kenny Werner weiter zu studieren. 1995 erschien Mehldaus Debütalbum „Introducing“, das bereits demonstrierte, wie virtuos er zwischen den Taktarten zu stolzieren in der Lage ist. Und dass er zwischen satten Grooves und der weiten Wiese der freien Tonalität, seine eigene originelle Stimme gefunden hatte.

Eine Vielzahl seiner Veröffentlichungen spielte Mehldau mit dem Bassisten Larry Grenadier und dem Schlagzeuger Jorge Rossmy im Triokontext ein. 2013 kam es zum Bruch mit dieser Ästhetik. Urplötzlich begann der feinsinnige Mehldau Krawall zu machen.

Gemeinsam mit dem Elektroniker und Schlagzeuger Mark Guiliana präsentierte er das famose „Mehlania – Taming The Dragon“. Mehldau spielt ein funky Fender Rhodes Piano, brätzige Synthesizer und jagt sogar seine Stimme als Erzähler kruder Stories durch den Verzerrer. Dies in jeder Hinsicht erfrischende Opus hält mit „Gainsbourg“ auch eine glühende Hommage an den französischen Radikalchansonier bereit, bei der sich Mehldau erstmals der Technik des Samplings bedient. Schon das war ein Hochgenuss.

Wie aufregend wird es erst bei ihrem Auftritt beim Jazz Fest Wien werden, wenn er und Guiliana (der im Übrigen auch auf David Bowies düsterem Epitaph „Blackstar“ trommelte) Verstärkung durch den famosen Funk-Jazz-Fusion-Gitarristen John Scofield erfahren werden? Ein Abend für musikalische Feinschmecker auch jenseits des Jazzkontextes bahnt sich da an.

Wolfgang Muthspiel (c: Mischa Nawrata)
(Foto: Mischa Nawrata)

Wolfgang Muthspiel

Schönheit und Genauigkeit sind die Tugenden auf die der österreichische Gitarrist Wolfgang Muthspiel setzt, um in unseren wechselhaften Zeiten ein Stammpublikum zu finden. Seines ist längst ein internationales.

Der 1965 in Judenburg geborene und in Wien lebende Virtuose hat in den USA am renommierten Berklee College bei Mick Goodrick studiert. Zwischen 1988 und 1990 tourte er mehrmals mit dem großen Vibraphonisten Gary Burton durch die USA. Dieser begehrte Sideman-Job und das Arbeiten mit Bob Berg und Paul Motian waren die Basis für Muthspiels hervorragende internationale Reputation.

Zu seinen Tugenden auf der Bühne zählt, dass er nicht nur mit der Erwartungshaltung der Hörer sondern auch mit der eigenen brechen will. Er interessiert sich für das, was hinter der Gewandtheit, hinter der Virtuosität liegt.

Zwischen Mitte der Neunzigerjahre und 2002 lebte er in New York. Es war eine Zeit, in der er seine kreativen Fühler in viele Richtungen ausstreckte. Ob Jazz, Klassik oder Avantgarde – ihm war alles lieb.

Im Jahr 2000 gründete er sein Label Material Records. Dort veröffentlicht er nicht nur Eigenes, sondern auch Werke anderer Künstler, die er gut findet. Frühe Arbeiten auf Material sind „Echoes Of Techno“, ein Duo-Projekt mit seinem Bruder Christian sowie „Daily Mirror“ und „Beloved“ – Alben mit der Sängerin Rebekka Bakken. Spätere Highlights sind Veröffentlichungen mit Schlagzeuger Brian Blade und seinem ehemaligen Lehrer Mick Goodrick.

Die vielleicht delikateste seiner Formationen ist MGT, ein Trio mit Ralph Towner und Slava Grigoryan, wo jeder der drei Gitarristen einer anderen Tradition entstammt. „From A Dream“ und „Travel Guide“ sind höchst filigrane Meisterwerke. Letzteres markierte Muthspiels Debüt beim renommierten Label ECM. 2014 folgte mit dem pastoralen „Driftwood“ ein weiteres Album auf dem wohl wichtigsten europäischen Label.

Im Vorjahr sorgte Muthspiel mit „Vienna“ für eine große Überraschung: er präsentierte sich erstmals als Sänger. Hier gelten neue Parameter. Als Sänger ist es ihm darum cool und sexy zu tönen.

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