JazzFest.Wien Festival History

JazzFest.Wien 2010

Air

Wiener Staatsoper  19.30 Uhr

Air (c: Luciana Val & Franco Musso/EMI France)Air (c: Luciana Val & Franco Musso/EMI France)Air (c: Luciana Val & Franco Musso/EMI France)Air (c: Luciana Val & Franco Musso/EMI France)

Air

Air, das aus dem Sänger und Gitarristen Nicolas Godin und dem Keyboarder Jean-Benoit Dunckel bestehende, französische Duo, klingt wie eine neuzeitliche Version der Siebzigerjahre-Pink-Floyd. Der Bandname Air ist laut Dunckel ein Akronym, das für Amour, Imagination und Reve (Liebe, Fantasie und Traum) steht. Verträumtheit herrscht dann auch in den ästhetischen Weiten von Air. Sie tändeln mit artifiziellem Beats, mit wimmerenden Gitarrensoli, romantischen Synthesizereinschüben, elegant perlenden Wurlitzer-Piano-Tupfern. Über diesen sedierenden Sounds, die manchmal auch gefährlich anschwellen können, schweben mal flüsternde, dann wieder metallisch verzerrte Stimmen: „We are the synchronizers send the messages through time code….we are electronic performers!“ Lustvoll wandeln sie zwischen Bedrohlichkeit und Fruchtaroma, zwischen Feedbackkreischen und unverstelltem Schönklang. In der zuerst ins Ohr springenden Lieblichkeit sind bedrohliche Aspekte eingekapselt, ist der Glanz bewusst eingetrübt. Hinter der Maske der musikalischen Perfektion lauert der Fluch des Organischen. Oder wie Dunckel es formuliert: „Uns geht es um die Suche nach einer schmutzigen Schönheit!“ Das ist selbstverständlich nicht ganz einfach. Dunckel: „Mitglied von Air zu sein ist überhaupt keine leichte Sache. Wir sind Hippies und Flower Gun User. Wir exportieren entspannte Gefühle in alle Welt.“
 
Ihr weltweiten Durchbruch feierten die von Jean Michel Jarre, Tangerine Dream, Vangelis, Francis Lai und eben Pink Floyd beeinflussten Air 1998 mit ihrem Album „Moon Safari“. Damals war man noch eher den Dancefloors in den schicken Clubs zugetan. „Modular Mix“ und „Casanova 70“ erobern in unzähligen Remixes die Tanzflächen. Unterschwellige Erotik à la „Bilitis“ traf in den Songs dieses glänzenden Debüts auf hinreissende Popmelodik à la Electric Light Orchestra. Die wahren Meisterwerke „10.000 Hz Legend“,„Talkie Walkie“ und „Pocket Symphony“ erschienen danach. Sie zementierten Airs Reputation als Musiker, die mit Hilfe von heute als klassisch angesehenen Instrumenten wie Moog Synthesizer, Korg M-20, Wurlitzer-Piano und Vocoderschläuchen geschickt die Sensoren des Verlangens stimulieren. Diese Fähigkeit nützte auch Charlotte Gainsbourg, die ihr Album „5.55“ von den sinnlichen französischen Kollegen produzieren ließ. Auch „Love 2“,  das  jüngste Opus von Air, begeistert. Hinter der sanften Anmutung dieser Sounds stecken tiefere Gedanken über das Sein an sich. Mögen manche auch über die sanften Sounds von Air scharfe Klage führen –die Kenner wissen: zartes Kitzeln ist der ärgste Hardcore!

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