JazzFest.Wien Festival History

JazzFest.Wien 2016

Pink Martini | Marina & The Kats

Wiener Staatsoper  19.30 Uhr

Pink Martini
Pink Martini
(Fotos: Pink Martini MGMT)

Pink Martini

Von Musikern, die in die Politik gehen, hat man schon öfters gehört. Das Spektrum reicht da vom konservativen Sonny Bono bis hin zum liberalen Sixto Rodriguez. Die aus Portland, Oregon stammende Cocktail-Jazz-Band Pink Martini ging indes den umgekehrten Weg. Bandleader Thomas Lauderdale galt als vielversprechender Nachwuchspolitiker seiner Heimatstadt, der frustriert vom langweiligen Programm der Fundraiser-Kampagnen, die er betreute, in der Not selbst eine Band gründete.

Pink Martini sollte ursprünglich nur etwas Farbe in die graue Welt der politisch motivierten Geldsammel-Events bringen, schenkt der ganzen Welt seit Mitte der Neunzigerjahre opulente Musik mit nostalgischem Mehrwert.

Als Glücksgriff erwies sich die multilinguale Sängerin China Forbes. In nicht weniger als 15 Sprachen zwitschert sie. So richtig ins Rollen gebracht wurde das schönheitssüchtige Unternehmen mit dem alle überraschenden Erfolg des Debütalbums „Sympathique“ 1997 in Frankreich. Seither mischen sie stilsicher alte Songs mit frischen Eigenkompositionen. Unvergesslich ihre mit dem legendären Sänger Jimmy Scott aufgenommene Version des Klassikers „Tea For Two“.

Zuletzt entzückten Pink Martini mit den Alben „Get Happy“ und „Dream A Little Dream“, zwei Platten mit Bezügen zum deutschen Sprachraum. Auf „Get Happy“ sang China Forbes ein Lied mit dem sperrigen Namen „Ich dich liebe“, eine Brachialschnulze, die 1964 von Mamie van Doren in der Freddy-Quinn-Schlagerklamotte „Freddy und das Lied der Prärie“ gesungen wurde. Und „Dream A Little Dream“ ist gar als Ganzes eine Zusammenarbeit mit den Von Trapps, den Nachfahren der famosen, nach Amerika ausgewanderten, Trapp-Familie. Man ahnt schon, Pink Martini saß diesmal der Schalk noch stärker im Nacken als zuletzt.

2011 stieß Sängerin Storm Large, die auch das Wien Konzert bestreiten wird, zur Band. Easy Listening mit seiner unstillbaren Sehnsucht nach stilvolleren Zeiten wird selten so hochkarätig präsentiert wie von dieser extrem sophisticated agierenden Kombo. Man weiß ja, dass das leicht klingende am schwersten herzustellen ist. Insoferne sind Pink Martini echte Helden.

Marina & The Kats (c: Antonia Renner)
Marina & The Kats (c: Antonia Renner)
(Fotos: Antonia Renner)

Marina & The Kats

Swing! Swing! Swing! Das ist das Motto von Marina & The Kats. Heiße Grooves, traumtanzende Melodien, fetzige Gitarren, treibendes Beserlschlagzeug und die Stimme der hinreißend charmanten Marina, die zu einem ihrer, in verspielter Leichtigkeit dahin perlenden, Scatsoli ansetzt. Da schnippen die Finger, da leuchten die Augen, da wirbelt’s am Parkett!

Ein gemeinsamer Abend in der Grazer Kombüse besiegelte das Schicksal des Trios. Auf den Plattentellern ldrehten sich alte 7“ Singles von Louis Prima, Gene Krupa, Benny Goodman, Anita O’Day…und wie Schuppen fiel es den studierten Jazzern von den Ohren: Jazz ist ja Tanzmusik. Die Tanzmusik überhaupt! Sofort legten sie ein flotten Lindy Hop auf die Tanzfläche und verliebten sich unsterblich in den heißen Retrosound.

Der DJ war Produzent Favela Gold, man kam ins Gespräch und ins gemeinsame Schwärmen und beschloss zusammen eine Platte zu machen. Nun sind Marina & The Kats völlig hineingekippt in den 40er Jahre Chic und üben auch schon mal Steppen. Weil man bereits zuvor als Trio gemeinsam musiziert hat und ein Walking Bass eben essentiell für den Swing ist, bedient Sängerin Marina nun höchstselbst das Beserl Schlagzeug, während der vormalige Drummer J.K. Haberl ab jetzt den Akustikbass zupft.

Am Programm stehen neben vergessen geglaubten Evergreen vor allem eigene Kompositionen, die in märchenhafter Verspieltheit an alte Zeiten anknüpfen und auch das eine oder andere Cover von Nummern die schon immer auf eine Verswingungskur gewartet haben, wie etwa „No one knows“ von „Queens of the Stone Age“. Aber auch das Sentiment kommt nicht zu kurz und Marina erzählt uns so einiges aus ihrem bewegten Gefühlsleben.

So taucht man mit Marina & The Kats ein, in eine nostalgisch flimmernde Atmosphäre, gemalt in schillernden Technicolorfarben, begleitet von einem himmlisch swingenden Soundtrack. Mal leicht schwebend wie das Riesenrad und dann wieder in einem Höllentempo dahin sausend, wie eine Achterbahn.

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